Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft
Übelkeit während der Schwangerschaft wird auch oft als Morgenübelkeit bezeichnet. Das ist nicht ganz korrekt, denn die Übelkeit kann zu jeder Tageszeit auftreten oder den ganzen Tag über anhalten. Dieser Zustand kann sowohl körperlich als auch emotional sehr herausfordernd sein. Statistiken zeigen, dass bis zu 85 Prozent der Frauen irgendeine Form von Übelkeit und Erbrechen während ihrer Schwangerschaft erleben.1 In diesem Artikel bekommen Sie ein Verständnis für die Symptome sowie praktische Ratschläge, damit Sie diese Zeit so angenehm wie möglich gestalten können.
Was sind Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft?
Es reicht von einem flauen Gefühl im Magen bis hin zu mehrmaligem Erbrechen täglich: Für viele Frauen beginnt die heiß ersehnte Schwangerschaft damit, dass sie sich elend fühlen. Circa 85 Prozent der Schwangeren plagt Übelkeit, während rund 52 Prozent von Erbrechen betroffen sind.1,2 Oft wird in dem Zusammenhang von Morgenübelkeit gesprochen, allerdings verteilen sich bei vielen Schwangeren die Beschwerden über den Tag.3
Bei manchen Frauen stellen sich die Symptome schon Ende der 4. Woche ein, der Höhepunkt befindet sich meist um die 10. Woche. Bei der Mehrheit der Schwangeren ist es mit dem Ende des 1. Trimenons überstanden. 10 Prozent der Frauen leiden jedoch bis über die 20. Schwangerschaftswoche hinaus darunter.4,5
Obwohl viele Frauen Übelkeit oder Erbrechen in der Schwangerschaft entwickeln, gibt es einen gravierenden Unterschied zu einer Hyperemesis gravidarum. Dabei handelt es sich um eine ernsthafte Erkrankung, die intensive und anhaltende Übelkeit sowie Erbrechen verursacht, was zu Dehydration, Gewichtsverlust und weiteren Komplikationen führen kann.6 Sie erfordert eine medizinische Behandlung, manchmal sogar eine stationäre Aufnahme in einem Krankenhaus, um die Gesundheit von Mutter und Kind sicherzustellen. Bis zu 3 Prozent der Schwangeren sind davon betroffen.7
Ursachen von Schwangerschaftsübelkeit
Woher genau die Symptome kommen, ist komplex und noch nicht abschließend erforscht. Dennoch haben Forschungen einige Faktoren identifiziert, die zu diesem Zustand beitragen können.
- Mehrlingsschwangerschaften: Sind Sie mit Zwillingen oder mehr Kindern schwanger, kann die Übelkeit ausgeprägter sein.8
- Schwangerschaftshormon HCG (humanes Choriongonadotropin): Der HCG-Spiegel steigt vor allem in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft rasant an.9 Expertinnen* vermuten daher einen Zusammenhang mit der Übelkeit.
- erhöhte Geruchsempfindlichkeit: Schwangere reagieren oft besonders sensibel auf intensive Gerüche, sei es Kaffee, Zigarettenrauch oder Duftstoffe.10 Als Folge kann sich schnell Übelkeit entwickeln.
- veränderte Magenbewegungen: Die Hormone Östrogen und Progesteron können den Magen beeinflussen, sodass er langsamer arbeitet und die Nahrung länger speichert.11 Das kann Übelkeit und Erbrechen begünstigen.
- Infekte: Natürlich können auch Virusinfekte oder bakterielle Infektionen zu einer Magenerkrankung bei Schwangeren führen. In dem Fall sollten die Symptome aber nur einige Tage anhalten und stehen nicht in Zusammenhang mit der Schwangerschaft.
Das Hormon GDF15 kann das Risiko für Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft erhöhen. Dabei kommt es darauf an, wie stark der Spiegel des Hormons ansteigt. Wenn Frauen schon vor der Schwangerschaft viel GDF15 im Körper haben, reagieren sie meist weniger stark auf einen Anstieg des Hormons als Frauen, die zuvor einen niedrigen Spiegel aufwiesen. Diese Erkenntnisse können gegebenenfalls in Zukunft zu neuen Behandlungsmöglichkeiten beitragen.
Auswirkungen von Übelkeit oder Erbrechen auf die Schwangerschaft
Übelkeit oder Erbrechen in der Schwangerschaft ist für viele Frauen nicht nur ein körperliches Unwohlsein, sondern wirkt sich unter Umständen auch auf das tägliche Leben und die emotionale Gesundheit aus.
Ständige Übelkeit und häufiges Erbrechen können zu Dehydration und Gewichtsverlust führen. Dies schwächt wiederum den Körper, was das Energielevel senkt und die Fähigkeit, alltägliche Aufgaben zu bewältigen, beeinträchtigen kann. Zudem verhindert die Übelkeit manchmal eine ausgewogene Ernährung, da viele Frauen Schwierigkeiten haben, bestimmte Lebensmittel zu sich zu nehmen.
Übelkeit oder Erbrechen hat ebenfalls oft emotionale und psychologische Konsequenzen. Viele Schwangere berichten von Gefühlen der Frustration, Depression und Angst. Die ständige Sorge, wie die Übelkeit oder das Erbrechen das Wohlbefinden des ungeborenen Kindes beeinflusst, kann zusätzlichen Stress verursachen. Die emotionale Belastung kann auch die Vorfreude auf das Baby überschatten und es schwangeren Frauen erschweren, eine positive Verbindung zu ihrem ungeborenen Kind aufzubauen.
Liegen Übelkeit und Erbrechen im normalen Bereich, schadet es Ihrem Baby nicht.14 Erst bei starkem, mehrmaligem täglichen Erbrechen und Dauerübelkeit bestehen Risiken.13 Wenn Sie unter den Symptomen leiden, sprechen Sie daher mit Ihrer Frauenärztin.
Was hilft gegen Übelkeit oder Erbrechen in der Schwangerschaft?
Auch wenn Übelkeit ein häufiges Phänomen ist, heißt das nicht, dass Sie da einfach durch müssen. Es gibt sowohl Hausmittel als auch Medikamente, die Ihre Beschwerden lindern können. Testen Sie aus, was Ihnen gut tut und sprechen Sie das Thema auch bei Ihren Vorsorgeuntersuchungen an.
Hausmittel gegen Schwangerschaftsübelkeit
Es gibt einiges, was Sie selbst gegen Ihre Übelkeit oder das Erbrechen tun können:
- Teilen Sie Ihre Mahlzeiten auf mehrere kleine Portionen auf und essen Sie eher fettarm.
- Morgenübelkeit können Sie mit einem kleinen Snack bekämpfen, den Sie direkt im Bett einnehmen: Das kann eine Scheibe Zwieback oder ein Vollkornkeks mit einem Glas Saft sein. Bleiben Sie anschließend noch 20 Minuten liegen.14
- Meiden Sie Gerüche, auf die Sie mit Abneigung und Übelkeit reagieren.
- Achten Sie auf Ruhepausen.
- Gehen Sie jeden Tag an die frische Luft.
- Manche Schwangere haben gute Erfahrungen mit Ingwer bei Übelkeit gemacht.15
Sie können auch ein Akupressurband für das Handgelenk oder Akupunktur ausprobieren. Ob die beiden Methoden helfen, ist jedoch wissenschaftlich umstritten.15
Medikamente bei Schwangerschaftsübelkeit
Was hilft gegen die Übelkeit oder das Erbrechen in der Schwangerschaft, wenn Hausmittel keinen Effekt haben? Es gibt durchaus Arzneimittel, die für Schwangere zugelassen sind, da sie gut untersucht und somit sicher sind. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin, was für Sie infrage kommt.
Auf dieser Seite werden aus Gründen der Lesbarkeit ausschließlich weibliche Personenbezeichnungen verwendet. Bitte beachten Sie, dass diese Formulierungen geschlechtsneutral gemeint sind und sich gleichermaßen auf alle Geschlechter beziehen.
1 Whitehead SA, Andrews PLR, Chamberlain GVP. Characterisation of Nausea and Vomiting in Early Pregnancy: A Survey of 1000 Women. J Obstet Gynaecol., 1992; 12(6): 364–369. https://doi.org10.3109/01443619209025932.
2 Madjunkova S, Maltepe C, Koren G. The Delayed-Release Combination of Doxylamine and Pyridoxine (Diclegis®/Diclectin®) for the Treatment of Nausea and Vomiting of Pregnancy. Paediatr Drugs., 2014; 16 (3): 199–211. https://doi.org10.1007/s40272-014-0065-5.
3 Gadsby R, Barnie-Adshead AM, Jagger C. A prospective study of nausea and vomiting during pregnancy. Br J Gen Pract. 1993, 43(371):245-248. Erratum in: Br J Gen Pract 1993; 43(373):325. PMID: 8373648; PMCID: PMC1372422.
4 Vellacott ID, Cooke EJ, James CE. Nausea and Vomiting in Early Pregnancy. Int J Gynaecol Obstet. 1988; 27(1): 57–62. https://doi.org10.1016/0020-7292(88)90088-4.
5 Lacroix R, Eason E, Melzack R. Nausea and Vomiting during Pregnancy: A Prospective Study of Its Frequency, Intensity, and Patterns of Change. Am J Obstet Gynecol., 2000; 182 (4): 931–937. https://doi.org10.1016/s0002-9378(00)70349-8.
6 Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie Charité. Hyperemesis gravidarum/Emesis gravidarum. Verfügbar unter: https://www.embryotox.de/erkrankungen/details/ansicht/erkrankung/hyperemesis-gravidarumemesis-gravidarum (letzter Zugriff: 07.02.2024).
7 Maltepe C, Koren G. Preemptive treatment of nausea and vomiting of pregnancy: results of a randomized controlled trial. Obstet Gynecol Int., 2013; 2013:809787. doi: 10.1155/2013/809787.
8 Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Österreich (BMSGPK). 2019. Schwangerschaft und Geburt bei Zwillingen und Mehrlingen. Verfügbar unter: https://www.gesundheit.gv.at/leben/eltern/geburt/geburtsvorbereitung/zwillinge-mehrlinge.html (letzter Zugriff: 07.02.2024).
9 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Lexikon. Verfügbar unter: https://www.familienplanung.de/service/lexikon/buchstabe/H/ (letzter Zugriff: 07.02.2024).
10 Berufsverband der Frauenärzte e.V. 2018. Schwangerschaftsanzeichen & Schwangerschaftstest. Verfügbar unter: https://www.frauenaerzte-im-netz.de/schwangerschaft-geburt/schwangerschaft/schwangerschaftsanzeichen-schwangerschaftstest/ (letzter Zugriff: 07.02.2024).
11 Verband für unabhängige Gesundheitsberatung. 2006. Warum ist Schwangeren häufig übel? Verfügbar unter: https://www.ugb.de/exklusiv/fragen-service/warum-ist-schwangeren-haeufig-uebel/?schwangerschaft-uebelkeit (letzter Zugriff: 07.02.2024).
12 Fejzo M, Rocha N, Cimino L et al. GDF15 Linked to Maternal Risk of Nausea and Vomiting during Pregnancy. Nature, 2024; 625: 760–767, https://doi.org10.1038/s41586-023-06921-9.
13 Gelbe Liste Pharmaindex. 2023. Übelkeit in der Schwangerschaft: Dagegen lässt sich etwas tun. Verfügbar unter: https://www.gelbe-liste.de/gynaekologie/uebelkeit-schwangerschaft-emesis-gravidarum (letzter Zugriff: 07.02.2024).
14 Uniklinikum Freiburg. 2017. Schwangerschaftsübelkeit: Das hilft! Verfügbar unter: https://www.uniklinik-freiburg.de/presse/publikationen/im-fokus/schwangerschaftsuebelkeit-das-hilft.html (letzter Zugriff: 07.02.2024).
15 Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. 2022. Was hilft gegen Übelkeit in der Schwangerschaft? Verfügbar unter: https://www.gesundheitsinformation.de/was-hilft-gegen-uebelkeit-in-der-schwangerschaft.html (letzter Zugriff: 07.02.2024).