Bitte nicht: Alkohol in der Schwangerschaft
In der Schwangerschaft stehen Gesundheit und Wohlbefinden an erster Stelle – nicht nur für Sie, sondern auch für Ihr ungeborenes Kind. Eine der wichtigsten Entscheidungen, die Sie in dieser besonderen Zeit treffen können, betrifft den Verzicht auf Alkohol. Erfahren Sie hier, wie sich Alkohol in der Schwangerschaft auswirkt.
Risiken von Alkohol in der Schwangerschaft
Dass Alkohol der Gesundheit schadet, ist kein Geheimnis. Dennoch hält sich bei vielen Menschen hartnäckig die Meinung, dass ein Gläschen oder zwei in der Schwangerschaft nichts ausmachen. Daher gleich vorweg: Es gibt keinen gesunden Alkoholkonsum. Alkohol ist ein Zellgift, das vor allem Schwangere konsequent meiden sollten – idealerweise ab dem Kinderwunsch bis zum Ende der Stillzeit.1 Zu jedem Zeitpunkt ist Alkoholkonsum ein Risiko für das Baby.
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Alkohol die Plazentaschranke überwindet: Das heißt, dass das ungeborene Kind denselben Blutalkoholspiegel wie die Mutter erreicht, ohne jedoch die Fähigkeit zu besitzen, Alkohol effektiv abzubauen.2 Das Baby ist daher noch länger dem schädlichen Einfluss des Zellgiftes ausgesetzt als seine Mutter.2
Doch welche Folgen hat es, wenn Frauen während der Schwangerschaft Alkohol trinken? Organe, Nerven sowie das Gehirn des ungeborenen Kindes werden angegriffen – es können Wachstumsstörungen, geistige Entwicklungsstörungen oder körperliche Fehlbildungen entstehen.1 Je nachdem, in welcher Schwangerschaftsphase sich die werdende Mutter befindet, gibt es unterschiedliche Risiken:1
- 1. Monat: In der empfindlichen Phase der Einnistung und Zellteilung der befruchteten Eizelle gilt das sogenannte „Alles-oder-Nichts-Prinzip“: Nur wenn die Eizelle gesund und unversehrt ist, nistet sie sich ein und wächst heran.3 Falls sie geschädigt wurde, zum Beispiel durch Alkohol, wird sie oft vom Körper abgestoßen.3 Frauen bemerken davon nichts, außer eventuell, dass sich die Periode verspätet.
- bis zum 3. Monat: In dieser Phase bilden sich die Grundlagen des Embryos aus, Organe wie das Herz oder das Gehirn werden angelegt. Daher besteht hier auch das größte Risiko für Fehlbildungen.1 Insbesondere das Gehirn wird durch Alkohol im Wachstum gestört: es ist kleiner und weniger entwickelt als bei Embryos, die keinem Alkoholeinfluss ausgesetzt wurden.1
- 4. bis 6. Monat: Wachstumsstörungen sowie das erhöhte Risiko einer Frühgeburt stehen hier im Vordergrund.1
- 7. bis 10. Monat: Im letzten Drittel der Schwangerschaft wächst das Baby heran. Alkohol kann den Prozess stören, sodass sich beispielsweise Gehirnzellen nicht richtig vernetzen oder ganz absterben.1
Eine Studie hat gezeigt: Die Auswirkungen von Alkohol auf das Gehirn ungeborener Kinder ist enorm.4 Selbst geringe Mengen, also weniger als ein Glas eines alkoholischen Getränks pro Woche, verändern die Gehirnstruktur und verzögern die Gehirnreifung des Kindes signifikant.4
Alkohol in der Schwangerschaft: Folgen für das Kind
Die Folgen von Alkohol während der Schwangerschaft für das ungeborene Kind sind weitreichend und halten ein Leben lang an – selbst bei moderatem Trinkverhalten. Meist sind die Kinder psychisch auffällig und haben intellektuelle Einschränkungen.5 Fachleute fassen die Behinderungen unter fetale Alkoholspektrumstörungen (FASD) und fetales Alkoholsyndrom (FAS) zusammen.2,4 FAS stellt die schwerste Form der FASD dar, circa 3.000 Kinder kommen pro Jahr allein in Deutschland damit auf die Welt.4
Kinder mit FAS oder FASD sind mit folgenden Herausforderungen konfrontiert:6
- Sprachverzögerungen
- eingeschränkte Urteilsfähigkeit
- Schwierigkeiten in der emotionalen Selbstregulierung
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Lernschwierigkeiten
- geringes Geburtsgewicht
- verminderte Körpergröße bei Geburt
- Anomalien im Gesicht, wie eine dünne Oberlippe oder das Fehlen der Falten zwischen Oberlippe und Nase
Wenn Wachstumsstörungen, alle Veränderungen im Gesicht sowie Schäden am zentralen Nervensystem gleichzeitig vorliegen, sprechen Medizinerinnen* von FAS; wenn Kinder Einschränkungen in der Intelligenz und/oder Aufmerksamkeit aufweisen beziehungsweise sozial auffällig sind, handelt es sich um FASD.
In Deutschland werden jedes Jahr rund 10.000 Kinder mit FASD geboren.4 Es ist die häufigste, nicht vererbbare Ursache von Fehlbildungen bei Kindern.7
Die Störungen sind nicht heilbar, doch frühzeitige Behandlungen und spezialisierte Förderprogramme können helfen, die Entwicklung des Kindes zu unterstützen.8
Zudem steigt das Risiko für ein Kind, das im Mutterleib Alkohol ausgesetzt war, im 1. Lebensjahr den plötzlichen Kindstod (SIDS; Sudden Infant Death Syndrome) zu erleiden – vor allem, wenn die Mutter zusätzlich raucht.2
Die Symptome von FASD ähneln stark denen einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)9. Daher fällt die Abgrenzung oft nicht leicht. Expertinnen vermuten sogar, dass hinter vielen ADHS-Diagnosen eigentlich FASD steckt.9 Da jedoch Mütter oftmals nicht zugeben wollen, dass sie in der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben oder da sie gar nicht danach gefragt werden, bleibt FASD in manchen Fällen unentdeckt.
Nein, danke! Tipps zum Ablehnen von Alkohol in der Schwangerschaft
Alkohol gilt in Deutschland generell als gesellschaftlich akzeptiert. Im internationalen Vergleich zeigt sich regelmäßig: Deutschland ist Hochkonsumland.10 Ob bei der nächsten Geburtstagsfeier, dem gemeinsamen Essengehen mit Freunden oder an Feiertagen mit der Familie: Wahrscheinlich müssen Sie irgendwann auf die Frage antworten, ob Sie auch ein Glas mittrinken.
Besonders Frauen, die sich in der Kinderwunschphase befinden oder gerade frisch schwanger sind und noch keinem davon erzählen möchten, fühlen sich von dieser Frage oft in die Ecke gedrängt. Denn ein „nein“ wird oft nicht einfach akzeptiert oder manchmal sogar mit unangenehmen Nachfragen kommentiert. Selbst offensichtlich schwangere Frauen bekommen hin und wieder Alkohol angeboten, mit dem Zusatz, „dass ein Gläschen ja nicht schade“. Wie können Sie darauf am besten reagieren?
Viele Schwangere machen sich Sorgen, wenn Sie versehentlich Alkohol zu sich genommen haben. Im 1. Schwangerschaftsmonat gilt noch das „Alles-oder-nichts-Prinzip“: Falls es Schädigungen gab, wird sich die Eizelle wahrscheinlich nicht einnisten. Wenn Sie zu einem späteren Zeitpunkt in der Schwangerschaft (aus Versehen) Alkohol getrunken und Bedenken haben, dass Ihr ungeborenes Kind gesundheitlich Schaden genommen haben könnte, sprechen Sie bitte mit Ihrer Frauenärztin.
Wichtig ist, dass Sie Ihre:n Partner:in mit ins Boot holen. Er oder sie sollte Sie voll unterstützen in Ihrem Wunsch, keinen Alkohol zu trinken und ebenfalls bereit sein, für Sie Nein zu sagen.
Folgende Antworten können Sie auf die Frage, ob Sie Alkohol trinken wollen, geben:
- gesundheitliche Gründe anführen: „Danke, aber ich versuche gerade, auf meine Gesundheit zu achten und verzichte daher auf Alkohol.“
- auf eine frühe Verpflichtung hinweisen: „Ich habe morgen früh einen wichtigen Termin und möchte lieber klar im Kopf sein.“
- eine Alterative nennen: „Ich passe gerade auf meinen Alkoholkonsum auf, aber ich würde gerne ein alkoholfreies Getränk haben, wenn du eines hast.“
- auf Medikamente verweisen: „Ich nehme derzeit Medikamente, die ich nicht mit Alkohol kombinieren darf. Ein Glas Wasser wäre jedoch großartig.“
- anbieten, die Fahrerin zu sein: „Ich bin heute Abend die Fahrerin, also muss ich beim Alkohol passen. Sicherheit geht vor!“
- direkt, aber freundlich sein: „Danke für das Angebot, aber ich verzichte momentan auf Alkohol. Ich würde mich aber über ein nicht-alkoholisches Getränk freuen.“
- eine laufende Challenge erwähnen: „Ich mache gerade bei einer ,Kein-Alkohol-Challenge‘ mit. Also heute kein Alkohol für mich.“
Bleiben Sie auch in schwierigen Situationen ruhig und bestimmt.
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen hat im Herbst 2023 neue Empfehlungen zum Alkoholkonsum herausgegeben. Darin heißt es, dass jede Person ihren Alkoholkonsum senken sollte, egal wie viel sie trinkt. Am besten ist es, ganz auf Alkohol zu verzichten, denn auch das Glas Rotwein oder Bier am Abend hat schon schädliche Auswirkungen.
Auf dieser Seite werden aus Gründen der Lesbarkeit ausschließlich weibliche Personenbezeichnungen verwendet. Bitte beachten Sie, dass diese Formulierungen geschlechtsneutral gemeint sind und sich gleichermaßen auf alle Geschlechter beziehen.
1 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Alkohol in der Schwangerschaft. Verfügbar unter: https://www.kenn-dein-limit.de/alkoholverzicht/alkohol-in-der-schwangerschaft/ (letzter Zugriff: 14.02.2024).
2 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. 2020. Alkohol und Schwangerschaft. Verfügbar unter: https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/das-baby-vor-gefahren-schuetzen/alkohol/ (letzter Zugriff: 14.02.2024).
3 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Das Alles-oder-Nichts-Prinzip. Verfügbar unter: https://www.kenn-dein-limit.de/alkoholverzicht/alkohol-in-der-schwangerschaft/das-alles-oder-nichts-prinzip/ (letzter Zugriff: 14.02.2024).
4 Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales. 2023. Alkohol in der Schwangerschaft führt zur Veränderung der Gehirnstruktur des Babys. Verfügbar unter: https://www.schwanger-in-bayern.de/aktuelles/neue/53930/index.php (letzter Zugriff: 14.02.2024).
5 Berufsverband der Frauenärzte e.V. 2014. Alkohol in der Schwangerschaft – Lebenslange Folgen für das Kind. Verfügbar unter: https://www.frauenaerzte-im-netz.de/aktuelles/meldung/alkohol-in-der-schwangerschaft-lebenslange-folgen-fuer-das-kind/ (letzter Zugriff: 14.02.2024).
6 Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. Fetale Alkoholspektrumstörungen (FASD). Verfügbar unter: https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/fetale-alkoholspektrumstoerungen-fasd/symptome-krankheitsbild/ (letzter Zugriff: 14.02.2024).
7 Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Handlungsempfehlungen - Ernährung in der Schwangerschaft. Verfügbar unter: https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/gezielte-ernaehrung/ernaehrung-in-schwangerschaft-und-stillzeit/handlungsempfehlungen-ernaehrung-in-der-schwangerschaft/#c3154 (letzter Zugriff: 14.02.2024).
8 Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. Fetale Alkoholspektrumstörungen (FASD) – Therapie https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/fetale-alkoholspektrumstoerungen-fasd/therapie/ (letzter Zugriff: 14.02.2024).
9 Konferenz ADHS c/o Freies Bildungswerk Rheinland. 2017. Ist ADHS oft ein Fetales Alkohol-Syndrom? Verfügbar unter: https://konferenz-adhs.org/de/presse/pressemitteilungen/129-ist-adhs-oft-ein-fetales-alkohol-syndrom (letzter Zugriff: 14.02.2024).
10 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. 2023. Alkoholkonsum in Deutschland. Verfügbar unter: https://www.kenn-dein-limit.de/alkoholkonsum/alkoholkonsum-in-deutschland/ (letzter Zugriff: 14.02.2024).
11 Das wissenschaftliche Kuratorium der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. 2023. Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/WK_der_DHS_-_Empfehlungen_zum_Umgang_mit_Alkohol.pdf (letzter Zugriff: 14.02.2024).